Johann Sebastian Bach / Anton Webern
Ricercare á 6 voci aus »Das Musikalische Opfer«, BWV 1079/5
für Orchester gesetzt von Anton Webern
Alban Berg
Violinkonzert »Dem Andenken eines Engels«
Gustav Mahler
Sinfonie Nr. 4 in G-Dur
Zwischen Trauer und Paradies
Das zweite Orchesterkonzert mit Werken von Webern, Berg und Mahler
Gustav Mahler – Anton Webern – Alban Berg: Drei Komponisten die auf die ein oder andere Art miteinander verbunden sind. Drei Komponisten, deren Werke das Orchester der Hochschule für Musik und Tanz Köln in der zweiten Orchesterphase im Wintersemester unter der Leitung von Prof. Alexander Rumpf miteinander verknüpft.
Anton Webern und Alban Berg studieren beide bei Arnold Schönberg Komposition und gründen mit ihm gemeinsam die „neue Wiener Schule“, der in Reihentechnik ausgeführten Kompositionen, die einen weit reichenden Einfluss auf die Entwicklung der Musik des 20. Jahrhunderts haben soll. Beide schätzen die Musik von Gustav Mahler und vor allem Alban Berg sieht sich in der Traditionslinie von der Wiener Klassik über Johannes Brahms bis zu Gustav Mahler.
Als erstes Werk spielt das Orchester eine Bearbeitung von Johann Sebastian Bachs „Ricercar á 6 aus dem Musikalischen Opfer BWV 1079“. Das in der Originalversion nur für Streichorchester oder Cembalo solo vorliegende Werk wird von Webern originell instrumentiert. Er teilt die thematischen Passagen des Satzes in verschiedene Motive auf und ordnet diese einer Gruppe von drei solistischen Instrumenten zu. Selbst schreibt er: «Meine Instrumentation versucht, den motivischen Zusammenhang bloß zu legen. Alles ist Hauptsache in diesem Werk – und in dieser Instrumentation.»
Als zweites Stück steht das Violinkonzert von Alban Berg auf dem Programm. Der Anlass für Berg, dieses Konzert zu schreiben war zunächst ein Auftrag des Geigers Louis Krasner, der Berg 1935 aus einer prekären finanziellen Lage hilft. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland war seine Musik dort verboten, Tantiemen blieben aus. Schnell beginnt Berg mit der Komposition. In dieser Phase stirbt die erst 18-jährige Manon Gropius, eine Tochter von Alma Mahler-Werfel, an den Folgen der Kinderlähmung. Berg mochte diese junge Frau ganz besonders und fasst den Entschluss, ihr sein Violinkonzert als Requiem zu widmen. Er schreibt an Alma Werfel-Mahler: "Ich will auch brieflich nicht versuchen, dort Worte zu finden, wo die Sprache versagt. Eines Tages mag Dir aus einer Partitur, die dem Andenken eines Engels geweiht sein wird, das erklingen, was ich fühle und wofür ich heute keinen Ausdruck finde".
Alban Berg schafft ein Werk, das dem Zuhörer durch seine Fragilität und emphatische Wärme unter die Haut geht. Er zeichnet kein direktes musikalisches Porträt des Mädchens, aber Manons lebensbejahendes Wesen lässt sich aus den Klängen des ersten Satzes erspüren. Zwischendurch baut Alban Berg das Zitat des Kärntner Volksliedes "A Vögele af’n Zwetschgn-bam" in seine Musik ein. Die Musik im zweiten Satz lässt zunächst die Trauer über Manons Tod spüren, die sich schließlich zu Erlösung und innerem Frieden wandelt. Auch hier zieht Berg ein Zitat hinzu, Johann Sebastian Bachs Choral "Es ist genug! So nimm, Herr, meinen Geist" aus der Kantate "O Ewigkeit, du Donnerwort" BWV60. Darin heißt es: "Es ist genug! Herr, wenn es Dir gefällt, so spanne mich doch aus! Mein Jesus kömmt; nun gute Nacht, o Welt!".
Alban Berg erlebt die Uraufführung seines Violinkonzerts selber nicht mehr. Nur acht Monate nach Manons Tod stirbt er an einer Blutvergiftung. Vier Monate später wird das Konzert mit Louis Krasner als Solisten uraufgeführt. Ein Rezensent beschreibt den Moment nach dem Verklingen der Komposition wie folgt: "Das Publikum ist gebannt. Hermann Scherchen, der meisterliche Dirigent, nimmt die handgeschriebene Partitur Alban Bergs vom Pult und hält sie der ergriffenen Zuhörerschaft wie ein Messbuch entgegen".
34 Jahre zuvor, am 25. November 1901: Bei der Uraufführung von Gustav Mahlers 4. Sinfonie in G-Dur in München ist das Publikum irritiert. Mahler, der bekannt ist für seine bombastischen Orchesterbesetzungen, instrumentiert das Werk im Verhältnis dazu relativ klein - ohne Posaunen und mit weniger Bläsern als sonst – ganz entgegen der Erwartung seiner Zuhörer. Die Sinfonie beginnt mit einem „Schellenklingeln“ - ganz leise, tänzerisch-fröhlich. Außer am Beginn verwendet Mahler die Schellenklänge an weiteren, für die Sinfonie charakteristischen Stellen. Besonders deutlich erfolgt dies im Finalsatz - schriller und chaotischer, immer dann, wenn die hier eingesetzte Sopransolistin einfühlsam, engelsgleich und mit „kindlichem heiteren Ausdruck“ , „…St. Peter…, die Englein..., St. Martha…“ gesungen hat, verspottet das Orchester in einem viel schnelleren Tempo mit grellen, lärmenden Klängen das gerade Gesagte.
Das Publikum ist schlicht überfordert von diesem rätselhaften Werk mit seiner hintersinnigen Heiterkeit, das nach der Idylle, dem Traum vom Paradies, sucht und gleichzeitig diese Sehnsucht untergräbt – die Aufführung wird ein Misserfolg. Die Kritik verreißt das Stück.
Heute weiß man, das Werk ist seiner Zeit weit voraus. Es entwirft eine himmlische Welt nach dem Tod aus der Sicht eines Kindes, aber auch das Paradies ist, wie die irdische Welt, nicht perfekt und lebt von Verwerfungen und Brüchen.
Theodor W. Adorno urteilte: Ein Meisterwerk wie die vierte Sinfonie ist ein Als-Ob von der ersten bis zur letzten Note“.
Dates |
21.01.2025 22.01.2025 jeweils um 19.30 Uhr |
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Location |
Konzertsaal
Unter Krahnenbäumen 87 50668 Köln |
Entry |
6.— €
Karten an der Abendkasse und bei kölnticket. Hochschulangehörige und Fördervereinsmitglieder haben bei vorheriger Reservierung unter reservierungen@hfmt-koeln.de freien Eintritt. |