Ein Opernthriller zwischen Bartók und Hitchcock – frei nach zwei Novellen von Stefan Zweig
Gefühle und Leidenschaften als die großen Gegenspieler von Rationalität und Vernunft brechen immer wieder wie wütende Stürme über den Menschen herein und zerfetzen seine nur notdürftig in den Wind gehaltenen Schirme der Vernunft und Moral.
Stefan Zweig schreibt seine beiden Novellen „Amok“ und „Ungeduld des Herzens“ im Wien der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts. In der Stadt, in der auch Siegmund Freud die Untiefen der menschlichen Seele auslotet und dem Schriftsteller Zweig attestiert, ein noch viel profunderer Seelenkenner als er selbst zu sein. Niemals waren sich Psychoanalyse und Literatur so nah: Wedekind, Schnitzler, Zweig und etliche andere Künstler*innen korrespondieren mit Freud und was den Schriftsteller*innen der 1960er Jahre ihr LSD als bewusstseinser-weiternde Droge war, bedeutet in den frühen 20er Jahren in Wien den Künstler*innen eine Behandlung auf der Couch des berühmten Psychoanalytikers.
Der Komponist Marc L. Vogler und der Librettist und Regisseur Andreas Durban widmen sich erstmalig Werken von Stefan Zweig in Form einer Kammeroper. Die musikalische Leitung liegt in den Händen von Georg Leisse. Ausführende sind Sänger*innen und Instrumentalist*innen der Hochschule für Musik und Tanz Köln.
Der großen Frage, wie ein Mensch zum Täter, Stalker, zum Wahnsinnigen wird, gehen Marc L. Vogler und Andreas Durban hier im Kleinen nach. Mit einem Ensemble aus Klavier, Violoncello, Kontrabass und Hammondorgel instrumentiert Vogler die Kammeroper sehr übersichtlich, jedoch ist ihm gerade die Reduktion eine Quelle für Inspiration. Für den Komponisten spielen Stilkollagen und Einflüsse des klassischen Repertoires eine große Rolle. Durch Zuspiele gibt er der Oper einen cineastischen Touch – und grundsätzlich verschreibt er sich in AMOK den manipulativen Fähigkeiten der (Film-)Musik und kreiert ein immersives Klangerlebnis. Musik als Botenstoff geht hier direkt ins Blut, der Zuhörer soll die Protagonisten nicht nur handeln sehen, sondern selbst in deren Lage versetzt werden.
AMOK